Alle Jahre wieder
Von festlich bis skurril: Heimische Advents- und Weihnachtsbräuche
So verschieden die Regionen, so unterschiedlich die Weihnachtsbräuche. Wir stellen heimische Traditionen vor und bewegen uns dabei von Nord nach Süd.
Im Norden: Jöölboom, Kenkenbuum und die Alstertanne
Weihnachten ohne festlich geschmückten Tannenbaum? Auf den nordfriesischen Inseln nichts Ungewöhnliches, da es im Winter kaum Bäume gibt. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben sich aus diesem Grund eine raffinierte Alternative einfallen lassen: Den Jöölboom, auf Föhr und Amrum Kenkenbuum genannt. Seine Geschichte reicht bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, wobei der ursprüngliche Jöölboom noch älter sein dürfte. Der Jöölboom besteht aus waagerecht angeordneten Hölzern, die mit einem senkrecht stehenden Holz verbunden sind. An seinen „Ästen“ hängen Figuren, aus Kenkentjüch, einem nordfriesischen Weihnachtsgebäck aus Salzteig und haben jeweils eine bestimmte Bedeutung. Beispielsweise symbolisiert ein Pferd Ausdauer, ein Hahn Wachsamkeit und ein Segelschiff beziehungsweise eine Mühle steht für die Lebensgrundlage der Friesen, nämlich Ackerbau und Seefahrt. Am Fuße der Weihnachtsdekoration finden sich Adam und Eva mit einem Apfelbaum und einer Schlange. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird der Jöölboom oder Kenkenbuum mit Weidenästen oder Immergrün verziert – in der Hoffnung, dass die Natur im Frühjahr wieder zum Leben erwacht.
Ein Stückchen weiter südlich, im Hafen der Hansestadt Hamburg, existiert seit 1997 die Tradition des Tannenbaumwerfens. Die Idee: Um Seeleuten die Festtage fernab der Heimat zu versüßen, verteilt ein Weihnachtsmann etwa 50 Nordmanntannen – natürlich per Schiff und nicht auf dem Schlitten. Und: Im Herzen Hamburgs gibt es einen wahrlich weihnachtlichen Hingucker: Seit mehr als 20 Jahren wird ein gut 15 Meter hoher, mit 1000 Lichtern geschmückter Weihnachtsbaum, die sogenannte Alstertanne, auf der Binnenalster aufgestellt und garantiert weihnachtliche Atmosphäre und ein tolles Fotomotiv.
Im Osten und Westen: Paraden für Bergleute und ein Bett für das Christkind
Auch wenn im sächsischen Erzgebirge die letzten Bergwerke 1991 geschlossen wurden, bleibt die mehr als 800 Jahre alte Bergbaugeschichte dort in Form von Bergparaden bestehen. Die feierlichen Umzüge entstanden im Mittelalter und dienten ursprünglich der Repräsentation der Bergleute. Heute zählen die Paraden sogar zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO und sind – auch wegen der Marschmusik und den Uniformen – eine beliebte Attraktion während der Weihnachtszeit. Tipp: Die größte Bergparade findet am 4. Advent in Annaberg-Buchholz statt.
Ähnliche Bergparaden existieren auch im Rheinland. Doch sehr viel typischer ist dort das Strohhalmlegen oder „Krippefüllen“. Dieser Brauch hat seinen Ursprung im Christentum. Dabei wird zu Beginn der Vorweihnachtszeit eine leere Krippe im Haus aufgestellt, die die Kinder dann mit guten Taten füllen können. Für jede gute Tat – etwa Hilfe beim Abwasch, gute Noten oder ein aufgeräumtes Zimmer – gibt es einen Strohhalm. Je mehr die Kinder davon in ihrer Krippe sammeln, desto wärmer und weicher liegt das Christkind an Heiligabend.
Im Süden: Einkehrbräuche à la Christbaumloben und der Buttnmandllauf
In Bayern und Baden-Württemberg drückt man seine Bewunderung über den Weihnachtsbaum des Nachbarn gerne aus. Hier ziehen die Menschen von Haus zu Haus und loben die Christbäume der anderen in den höchsten Tönen. Entstanden ist der Einkehrbrauch wahrscheinlich im Schwabenland und gepriesen werden darf alles, was ins Auge springt: ein dichtes Nadelwerk, lustiger Baumschmuck, funkelnde Lichterketten. Ganz selbstlos ist das Christbaumloben aber nicht: Der oder die Gelobte muss im Gegenzug eine Flasche Schnaps spendieren – aber die lässt sich ja auch gemeinsam trinken.
Anders als beim Weihnachtsbaumloben wird beim Buttnmandllauf, einem uralten Einkehrbrauch im Berchtesgardener Land, neben Lob auch Tadel ausgesprochen. Am 5. und 6. Dezember zieht der Heilige Nikolaus in festlicher Bischofskleidung von Tür zu Tür und lässt sich von Kindern Gedichte, Lieder oder Gebete vortragen. Artige Kinder erhalten Äpfel, Nüsse, Bonbons oder Früchtebrot, unartige eine Standpauke. Begleitet wird der Nikolaus von Buttnmandeln und Kramperl – in Stroh beziehungsweise Fell gehüllte Gestalten mit gruseligen Masken, lauten Kuhglocken und einer Rute. Mancherorts hat der Nikolaus noch ein „Nikoloweibl“, einen Jungen in Mädchentracht, an seiner Seite, um die Kinder zu beschenken.
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Zuerst erschienen auf www.skl.de
Bildnachweise: © gettyimages/Martin Deja