DIE GESCHICHTE DER STAATLICHEN LOTTERIE
VON HAMBURG IN DIE WELT
Das große Geld, die große Freiheit und die große Liebe: Schon immer hat es Menschen von überall nach Hamburg gezogen, um das Glück zu finden. Viele haben es im ältesten Gewerbe der Welt gesucht. Andere haben aus dem Spiel mit dem Glück ein lohnendes Gewerbe gemacht. Denn das hat in Hamburg mindestens genauso lange Tradition.
Die Wurzeln der staatlichen Lotterie reichen allerdings viel weiter zurück. Glücks- und Lotteriespiele sowie die Idee, das Los über das Schicksal entscheiden zu lassen, gibt es seit jeher auf der ganzen Welt. Die ältesten Würfel stammen beispielsweise aus China. Das Zahlenlotto kommt ursprünglich aus Italien. In der frühen Neuzeit setzten sich Lotteriespiele in ganz Mitteleuropa durch. Daraus entwickelten sich die deutschen Länder- und Staatslotterien – ins Rollen gebracht wurde der Stein dafür in Hamburg. Ihre Lotterie-Einnahme Boesche war fast von Anfang an dabei.
Anfang des 17. Jahrhunderts stand die Hansestadt nämlich vor einem großen Problem: Es gab zu wenig Platz innerhalb der Stadtgrenzen für die 40.000 Einwohner, sodass immer mehr Menschen kein Dach über dem Kopf hatten. Der Bau eines „Werk- und Zuchthauses“, eine Art Asyl- und Arbeitshaus, sollte Abhilfe schaffen und die Armen von den Straßen holen. Allerdings fehlten dem regierenden Hamburger Rat die nötigen finanziellen Mittel. Angeregt von einem holländischen Brauch entstand 1610 die Idee, das Vorhaben mit einer eigens dafür geschaffenen Lotterie zu finanzieren. So wurde am 5. Juni 1612 die Durchführung der ersten Lotterie verkündet. Neben Sachgewinnen wurden Geldgewinne sowie Leib- und Erbrenten ausgespielt. Der Grundstein für die staatliche Lotterie war gelegt.
DIE ENTSTEHUNG DER KLASSEN
In den folgenden Jahrzehnten entwickelte sich die Lotterie immer weiter. Schließlich wurde 1721 das Klassensystem eingeführt: Innerhalb einer Lotterie wurden mehrere Ziehungen durchgeführt, für die der Einsatz jeweils neu gezahlt werden musste. Diese Ziehungen entsprechen den einzelnen Klassen, wie wir sie heute kennen. Lose konnten anfangs ausschließlich bei einem vereidigten „Lottenschreiber“ im Eimbeckschen Haus in der Hamburger Altstadt erworben werden. Ab 1732 waren sogenannte Kollekteure bevollmächtigt, Lose für die „Hamburgische Stadts-Lotterey“ zu verkaufen. Das war die Geburtsstunde des Berufs des heutigen Lotterie-Einnehmers, zu denen Boesche als erstes Unternehmen überhaupt, welches das entsprechende Privileg erhielt, nun schon seit 1805 zählt.
Während des 18. und 19. Jahrhunderts besaß fast jede Stadt in Deutschland eine eigene Klassenlotterie, allerdings waren die Laufzeit und Anzahl der Klassen fast überall unterschiedlich. 1938, mit Machtübernahme der Nationalsozialisten, wurden alle Lotteriegesellschaften des deutschen Reichsgebiets in die Deutsche Reichslotterie überführt und gleichgeschaltet. Nach Kriegsende wurden die Süddeutsche Klassenlotterie (1947) und die Nordwestdeutsche Klassenlotterie (1948) gegründet, die 2012 schließlich formal zur Gemeinsamen Klassenlotterie der Länder (GKL) zusammengeschlossen wurden. Damit wurden alle Bundesländer zum gemeinsamen Träger der beiden Lotterien, die Marken blieben als Namen jedoch bestehen.
FÜR DEN GUTEN ZWECK
Von Beginn an war die staatliche Lotterie eng mit dem Gemeinwohl einer Stadt verbunden und das erwirtschaftete Geld wurde überwiegend für wohltätige Zwecke eingesetzt. So wurden im 16. und 17. Jahrhundert Lotterien für die Armen veranstaltet oder um das Land nach Kriegen wieder aufzubauen. Mit dem Erlös wurden beispielsweise verbrannte Städte wieder instand gesetzt oder Kirchen und Armenhäuser gebaut. Auch nach der großen Sintflut von 1642 wurden Notleidende mithilfe der Hamburger Staatslotterie unterstützt. Ein anderes Beispiel ist eine Variante des Zahlenlottos in Neapel, wo aus einer Trommel Namenszettel verarmter Frauen im heiratsfähigen Alter ausgelost wurden, die dann als Gewinn eine Aussteuer erhielten. Im Jahr 1842, nach dem schweren Hamburger Brand, der 20.000 Menschen obdachlos werden ließ, wurde eine Lotterie zur Linderung der Not durchgeführt. Allerdings kam es auch vor, dass eine Lotterie für ganz eigennützige Zwecke veranstaltet wurde. Zum Beispiel finanzierte Herzog Eberhard zu Württemberg 1704 den Bau seines Schlosses und anschließend dessen Unterhalt durch seine „Leibrentenlotterie“.
Auch die Familie Boesche fühlt sich seit jeher ihrer Stadt Hamburg verpflichtet. So setzt sich die Gustav und Marliese Boesche Stiftung beispielsweise für benachteiligte Jugendliche ein, unter anderem für die Initiative „Gefangene helfen Jugendlichen“ (GHJ), die Circusschule Tribüne oder das Projekt „Bunte Kuh e.V.“.
„ARM AM BEUTEL, KRANK AM HERZEN“ – BERÜHMTE SPIELER
Auch große Dichter und Denker wie Johann Wolfgang Goethe konnten der Verlockung des Glücksspiels nicht widerstehen. Im Jahr 1797 nahm er an der Hamburger Stadtlotterie teil, weil er auf den begehrten Hauptpreis, das Gut Schockwitz nahe Breslau, hoffte. Das Schloss wurde mit gesamten Inventar, auch den Bediensteten, verlost. Goethe erstand das Los mit der Nummer 7666 das ihm zwar kein Glück brachte. Immerhin schrieb er daraufhin seine „Schatzgräber“ – und kaufte das Gut Jahre später kurzerhand selbst. Zur gleichen Zeit schilderte der Dichter Gotthold Ephraim Lessing in Briefen an seine Frau ausführlich, wie er sein Glück im Lotterie-Spiel versuchte.
Übrigens: Kein Geringerer als Giacomo Casanova war als offizieller Lotterieberater am Hofe Friedrichs des Großen beschäftigt. Mit den Brüdern Ranieri und Giovanni Antonio de’Calzabigi hatte er 1758 bereits erfolgreich in Paris eine Lotteriegesellschaft gegründet. Auch in Frankreich liegen das Glück und die Liebe sehr nah beieinander.
Zum Nach- und Weiterlesen – die Quellen:
» „Klassenlotterie“ – Zum Beitrag auf Wikipedia.org
» „Zur Geschichte des Glücksspiels“, Ulrike Näther
» „400 Jahre Staatslotterie im Spiegel der Stadt Hamburg“ (nicht mehr abrufbar; Ursprung: gkl.org)
» Sabine Schönbein: Das Millionenspiel mit Tradition: die Geschichte der Klassenlotterie.
BoD – Books on Demand, 2008, ISBN 978-3-8334-8779-8
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